DAVIX – TOWARDS AZONIC
Herzlich willkommen in der Ausstellung TOWARDS AZONIC in der Galerie Tuttiart!
Davix zeigt neue Arbeiten: Kraftvoll-poetische Pinselmalereien, Rasterbilder mit geometrischen Formen sowie Bilder, die aus anderen Bildern bestehen: Bereits gemalte Bilder wurden zerstört, auseinandergenommen und wieder neu zusammengesetzt. Konkret zerschneidet oder zerreisst Davix die Bilder zu Streifen, die anschliessend sorgfältig ineinander verflochten werden. Das Geflecht wiederholt gewissermassen das textile Gewebe der Leinwand. Die Stränge werden vertikal, horizontal oder diagonal miteinander kombiniert, sodass eine geometrische Textur aus Quadraten oder Rauten entsteht – Muster, die man aus Davix’ Malerei kennt. Auf der geflochtenen Bildfläche kommt es zu neuen Bildkonstellationen, die durch Planung und Zufall bestimmt sind. Manchmal sieht man nicht die Vorderseite, sondern die rohe Leinwand der Rückseite eines älteren Bildes. Da sich die Streifen beim Über- und Unterschneiden gegenseitig verdecken, wird die ursprüngliche Bildfläche verkleinert, d. h. das Bild-Recycling führt zu einer Verdichtung. Im Gegenzug expandiert das verdichtete Bild in den Raum, es wird objekthaft, indem das Geflecht reliefartig aus der Bildfläche hervortritt.
TOWARDS AZONIC lässt sich annähernd übersetzen mit Auf etwas zu, das nicht auf eine Zone beschränkt ist. Der Titel hat also mit der Auflösung von Grenzen zu tun. Man kann ihn auf Davix’ selbstverständliche Grenzgänge zwischen geometrischer und gestischer Abstraktion beziehen, die neuen Flechtarbeiten verleihen dem Titel aber noch einen weiteren Sinn: Bilder werden zerstört, neu zusammengesetzt, umgekehrt, überlagert und dadurch verräumlicht. Das ursprüngliche Bild verliert in diesem dekonstruktiven Prozess seine Begrenzung als flaches Gebilde und formiert sich zu einem offenen, noch nicht kartografierten Gebiet. Eine installative Erweiterung der Bildzone findet im hinteren Ausstellungsraum statt, wo eine Bilderwand schräg gegen die Galeriewand gelehnt ist: Verschieden grosse Bilder mit schwarzweissem Dreiecksraster fügen sich nahtlos zu einem Ensemble und spielen während der Ausstellung in dieser Formation zusammen.
Die Verräumlichung ist auch in einer anderen neuen Werkgruppe ein Thema, in der Schnüre oder in sich verdrehte Stoffstreifen über einer monochromen Leinwand hängen und eine dreidimensionale Zeichnung bilden. Zeichnen mit Schnüren – geht das? Die Frage ist weniger technisch als ästhetisch gemeint. Man fühlt sich an Duchamps berühmtes Werk Trois Stoppages-Étalons (1913-14) erinnert, in dem der zufällige Fall dreier Fäden lineare Formen hervorbringt. Auch Davix’ Schnurlinien werden durch die Schwerkraft geformt, sie bilden Parabeln, spinnwebenartige Gehänge und senkrechte Linien.– Sind die neuen Flecht- und Schnurbilder noch Malerei? Gewiss, aber eine Malerei mit unscharfen Grenzen – wie die fliessenden Farbübergänge der Monoprints.
Das Raster ist ein bestimmendes Moment in Davix’ Bildern. Die amerikanische Kunsttheoretikerin Rosalind Krauss hat 1979 einen interessanten Aufsatz über das Raster geschrieben (Grids). Darin erklärt sie das Raster als bestimmendes Formprinzip der modernen Kunst, da es der Realität eine eigene, ästhetisch autonome Ordnung entgegenstellt: Das Raster ist anti-natürlich, anti-mimetisch und anti-real. Seit der Erfindung der Abstraktion habe das Raster den Künstlern aber auch dazu gedient, Inhalte zu vermitteln, ohne etwas darzustellen. Immer schon, so Krauss, öffne das Raster auf geheimnisvolle Weise die Tür zur Illusion und Fiktion. So diente das Raster etwa als bildnerisches Äquivalent der universellen Harmonie (Mondrian) oder als Ausdruck abstrakter Gefühle (Agnes Martin). Auch das Raster in Davix’ Malerei besitzt eine solche metaphysische Dimension – aber welche?
Ein geometrisches Raster, auf das Davix immer wieder zurückkommt, kennt man von antiken Bodenmosaiken: Es erscheint im ersten Moment als autonome Struktur von Rhomben und schlägt im nächsten in eine endlos gestapelte Würfellandschaft um. Dieses Raster stellt sozusagen seine eigene Autonomie in Frage, indem es eine optische Illusion vorgaukelt. Dieses ambivalente, gauklerische Moment taucht unvermittelt in jenen bunten Rautenbildern auf, die an die Kleidung des Harlekins erinnern. Das Harlekinkostüm bestand ursprünglich aus einem Anzug, der mit zahlreichen bunten Flicken zusammengehalten wurde. Daraus entwickelte sich das raffinierte, immer regelmässiger werdende Rautenmuster – Davix’ Flechtarbeiten erscheinen in dieser Hinsicht wie ein kostümgeschichtlicher Kommentar. Der Harlekin ist eine komische Figur, die sich durch Übertreibung und Doppelbödigkeit auszeichnet. Mit List und Zweideutigkeit prangert er Missstände an und entlarvt soziales Fehlverhalten, er ist Schamane und Spassvogel zugleich. Mit akrobatischem Harlekinsprung betritt er die Bühne und ruft laut Eccomi!.
Er ist ein subversiver Exzentriker, der mit Fiktion und Wirklichkeit, mit Gut und Böse spielt und so die von Normen bestimmte Weltordnung unterläuft.
Ähnlich wie der Harlekin spielen auch Davix’ Bilder ein doppelbödiges Spiel mit Fläche und Raum, mit Bild und Objekt. Oft treten sie in grellen Neonfarben auf, die die Buntheit des Flickenkostüms überbieten. Wie punkige Clowns springen die Bilder den Betrachter unmittelbar an; man ist irritiert und schaut genauer hin: Die Bilder wirken äusserst präzise, aber die Perfektion wird durchwegs gestört: Die geometrischen Muster weisen malerisch unsaubere Stellen auf, gespachtelte Farbe verklumpt an den Bildrändern, verdünnte Farbe rinnt über die Leinwand. Alle diese Bildstörungen entstehen durch den gesteuerten Zufall und die physikalischen Eigenschaften des Materials: Das Material unterläuft die perfekte Ordnung des Rasters und stellt so normative Regelsysteme generell in Frage. Das subversive Spiel in Davix’ Bildern untergräbt gängige Grenzen, unterwegs in eine offene Zone. Ich wünsche allen viel Spass – mit einer Prise Schamanismus!
Guy Markowitsch, April 2017
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Sensationen für die Sehnerven
Farben und Räume sind der Stoff, aus dem der Luzerner Künstler Davix (*1966) seine Sensationen für die Sehnerven formt. Dreiecke schieben sich im Farbwechsel aneinander, zeigen gleitende Flächen und sich aufbäumende Ebenen. Ein Zackenmuster wechselt im raschen Takt von violett zu schwarz und setzt das Auge in flackernde Bewegung. In der schrägen Perspektive zu Rauten verzogene Quadrate sind im Wechsel neon-orange und olivegrün, lassen im flirrenden Blick die Fläche weit hinter sich und entziehen dem Betrachter den ruhigen Boden geordneter Raumsicht, die sie eben erst als Illusion behaupteten.
Davix bewegt sich in seinen abstrakten Malereien zwischen klarer Geometrie, die immer einen Rest von Lebendigkeit bewahrt, und freiem malerischem Gestus, der sich in Röhrenformen bündeln, in wolkig wuchernden Farbwäldern verlieren kann und mit Rinnspuren noch etwas von einem wilden Malprozess verrät, der mit Farbe Vorstellungen modelliert, ohne sie in konkrete Gegenstände zu überführen.
Die Ausstellung «Echoes from Zork» im Elephanthouse, der kleinen Dépandence des Kunstraums sic! an der Luzerner Neustadtstrasse überfällt das Auge mit heftigen Reizen, von denen es sich vor den weissen Nebelflecken ein wenig erholen kann, die vorführen, wie die Farbe nicht bloss die Lichtreflexion modulieren, sondern in formlosen Formen einen Raum modelliert. Die Vielfalt der gezeigten Bilder macht anschaulich, dass Davix ein Künstler ist, der grell und laut so gut wie leise und poetisch mit Farbe umzugehen weiss. Die Elemente Farbe und Raum sind ihm jenseits aller Gegenständlichkeit Anlass zu furchtlosen Experimenten, die das Sehen beunruhigen und herausfordern.
Urs Bugmann, 2013, Neue Luzerner Zeitung
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Echoes from Zork
Studierende am MIT (...) haben den Begriff «Zork» als umgangssprachliche Bezeichnung für «Dingsda» definiert. Keine Dinge bildet der Künstler Davix ab, als Bild vermag aber eine weitere Quelle des Begriffs Zork zur Reflexion über seine Malerei zu funktionieren:
Zork war auch der Name für ein Fantasy-Textadventure und das zweite nennenswerte Textadventure in den 1970er Jahren überhaupt. Text-Adventures sind Spiele, bei welchen das eigentliche Geschehen in rein textueller Form, die kaum Grafiken oder zusätzliche illustrative Elemente benutzen. Über einen Interpreter werden Befehle in Worten beschrieben: Open the Mailbox (Öffne den Briefkasten) oder Attack the Troll with the Sword (Greife den Troll mit dem Schwert an) sind zwei Beispiele. Die Zork- Phantasiewelt zeichnet sich durch satirische Züge aus und thematisieren die Bürokratie und Finanzpolitik der heutigen Zeit. Im Spiel kamen u. a. der sogenannte «Grue» vor, eine in dunklen Behausungen lebende Kreatur, die man sich von Jack Vance entliehen hatte. John Holbrook Vance war ein Science-Fiction-Autor, der unter weiteren Pseudonymen wie Peter Held, Alan Wade und John van See Romane veröffentlichte.
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Seagreen
Aliceblue
Lavenderblush
Seashell
Papayawhip
Peachpuff
Mediumspringgreen
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Pink Floyd
Black Sabbath
Green Day
Red Flag
The Red Krayola
Legendary Pink Dots
Frank Black & the Catholics
Blue Nile
Blue Oyster Cult
The Screaming Blue Messiahs
The White Stripes
Simply Red
White Zombie
Bob Seger & The Silver Bullet Band
The Moody Blues
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Davix plant und kontrolliert. Konzentriert und kondensiert Formen und Farben auf der Leinwand. Er verwirft ständig. Gerne möchte man die Bilder vor dem übermalen retten, auch wenn im Moment unklar ist, welches genau diesem Vorgang zum Opfer fallen könnte. Davix schichtet und spachtelt. Nicht nur auf der Leinwand, sondern auch im Raum.
Eine Ellipse. Ein Punkt. Eine Linie. Der Entscheid, mit allem gleich umzugehen, das Verfahren wird nicht angepasst sondern neu interpretiert: Portrait, Video, Lichtbild. Und diese Farben. Soviele Farben. Dazwischen Schwarz und Weiss, nur wenig.
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Powderblue
Slategray
Tomato
Yellowgreen
Mistyrose
Hotpink
Gainsboro
Firebrick
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Nadine Wietlisbach, Oktober 2013
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Abstracts and portraits
Das Ende der Malerei liegt längst hinter uns. Performance-, Aktions-, Video- und Internetkunst ebenfalls. Installationen, Rock ’n’ Roll, Crossover über alles.
2001 beginnt Davix in Berlin erneut mit der Malerei.
Autoreverse? Sind die neuen Möglichkeiten bereits ausgeschöpft? Nein! Seine Bilder tragen Weg in sich. Es sind keine autarken Werke, die sich vollkommen meinen. Sie sind ambivalent und zugleich Teil eines Ganzen – Bausteine seiner Rauminstallationen. Sie inspirieren und irritieren. Und sie wirken beängstigend menschlich: alleine und immer wieder im Dialog.
Dass Davix wieder malt, ist eine künstlerische Entscheidung, die Weiterentwicklung seines Werkes. Und der Zufall, der immer wieder seine Arbeiten verändert? Spielt er auch hier eine Rolle? Vielleicht, entgegnet mir Davix mit einem verschmitzten Lächeln, habe ihn doch sein Weg zum Atelier täglich an einem Farbladen vorbeigeführt.
Ich mag seine Beobachtungen, sein Auge für Details, für das Skurrile und Bizarre. Schlicht, für die Poesie im Alltag, die in seinen Fotografien fassbar wird – die sich in seinen Werken spiegelt. Davix scheint überall Inspiration zu finden. Nicht nur in der Grossstadt. Sein Blick ist immer wachsam, egal wo er sich gerade befindet.
Es ist dieses Wilde, Gestische in den Bildern, das mich anzieht. Sie sind emotional, impulsiv und erscheinen zufällig. Man sucht vergebens nach klar Fassbarem. Gerade ihre schwebende Art aber ergreift und löst zugleich Unbehagen aus – Angst, sich zu verlieren, Angst, verletzlich zu sein. Sie erinnern an die Möglichkeit, unbedeutend zu sein, nichts auszusagen, zu versagen. Dankbar kehrt mein Blick zu den konkreten Werken zurück. Ihre klaren Flächen und Linien geben Halt. Sie sind durchdacht, komponiert, fassbar. Doch nur auf den ersten Blick! Beim zweiten werden auch sie ambivalent – nicht nur weil das Kontrollierte Gefühle oft verkennt. Tiefere Schichten schimmern durch. Erzählen eine neue Geschichte. Die Fassbarkeit löst sich auf und leise macht sich eine Unsicherheit bemerkbar – auch darüber, was nun der intuitive Künstler, was der komponierende Architekt ist. Spielt der Künstler mit mir?
Davix’ Bilder irritieren und faszinieren; sie sind mir Spiegel. Sie konfrontieren mich mit dem steten Konflikt zwischen dem Impulsiven, Emotionalen und dem Planenden, Kontrollierenden. Es ist die Suche nach der Verbindung dieser Gegenpole in seinem gesamten Werk sowie innerhalb seiner konkreten und wildabstrakten Bilder selbst, die berührt – die mich als Betrachterin in einen Dialog verwickelt, dem ich mich nicht mehr so einfach entziehen kann.
«Wenn mir ein Bild wichtig wird, lasse ich es erst mal stehen, auch wenn ich vielleicht gerade erst damit begonnen habe, denn ich weiss, was es bedeuten würde, weiter daran zu arbeiten. Tatsächlich fertig ist ein Bild jedoch erst, wenn es nicht mehr in meinem Besitz ist – dann ist es zumindest sicher vor mir selbst.»
Ich beobachte Davix beim Arbeiten. Immer wieder werden die Werke neu im Raum geordnet – einige bleiben, andere werden aus dem Keller hervorgeholt oder vorübergehend verbannt. Davix arbeitet parallel an seinen Bildern – oder vielmehr an seiner sich wandelnden Rauminstallation. Die Bilder stehen in einem dauernden Dialog, der sie verändert.
Es ist der Prozess, den Davix interessiert. Seine Bilder werden übermalt – sind geschichtet. Sie durchleben immer wieder Phasen der Zerstörung – der monochromen Leinwände – der Veränderung. Die Zeit wird konserviert, komprimiert, gespeichert und überlagert. Die Zweifel werden in den Schichten eingefroren – sie werden darin überwunden, um neuen Zweifeln Platz zu machen. Zeit wird geschichtet – Geschichte entsteht.
«Inspiration, Fleiss und die richtigen Beziehungen sind das Eine. Eine klare Strategie, ob man sein Leben lang Streifen oder vielleicht doch lieber Kreise malen will, würde eine Karriere jedoch entschieden vorantreiben.»
Davix’ Vielfältigkeit lässt sich nicht zähmen oder eingrenzen. Er hat keine der einengenden Strategien «Streifen» oder «Kreise» gewählt. Es ist der Anspruch, seine Kunst mit dem Leben zu verbinden, der sein Werk prägt; seine abstrakten Malereien, wie auch seine aktuellen Porträtbilder, die im ersten Moment als Richtungsänderung erscheinen. Doch bleiben sie Teil des Ganzen – Bausteine seiner Rauminstallationen. Sie treten in einen Dialog mit den abstrakten Werken, die zugleich durch das Übermalen zu unteren Schichten werden können. Sein Werk bekommt ein weiteres Gesicht – seine Kunst wird persönlicher. Die Porträts betrachten mich – das Bild schaut zurück.
Bea Stierli, Oktober 2012
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The end of painting lies far behind us. Performance, action art, video, and Internet art movements as well. Installations, rock ’n’ roll. Everything a crossover.
In 2001 in Berlin, Davix began to paint again.
Auto-reverse? Have the new possibilities been exhausted already? No! His paintings carry the way in themselves. The works are not autonomous, not complete assertions. They are ambivalent, yet part of a whole—building blocks of his room installations. They inspire and irritate; they look frighteningly human: alone, yet always returning to a dialogue.
Davix’s decision to paint again is an artistic decision, a further evolution of his work. And the element of chance that repeatedly changes his work—does it play a role here? Maybe, Davix replies with a wry smile; after all, he had to pass a paint shop on his way to the studio every day.
I like his observations, his eye for detail, for the quirky and bizarre. The simple poetry of everyday life, tangible in his photographs, is today reflected in his painted works. Davix seems to find inspiration everywhere. Not only in the big city. His eye is always watchful no matter where he might find himself.
It is this wildness and gesture that attracts me in the paintings. They are emotional, impulsive, and appear random. One may look in vain for clear meaning. But it is precisely the floating quality that is uncanny at the same time—the fear of losing oneself, of being vulnerable. It reminds us of the possibility of insignificance, of having no meaning, of failing. Gratefully, my gaze returns to the concrete works. Their clear planes and lines provide stability. They are thought through, composed, tangible. But only at first sight. Upon closer look, they are also ambivalent—not only because the controlling aspect can misrecognize emotions. Deeper layers shine through. A new story is told. Tangibility dissolves and quietly gives way to uncertainty—also about what is now the intuitive artist, the composing architect. Is the artist toying with me?
Davix’s paintings irritate and fascinate; they are a mirror to me.They confront me with the constant conflict between the impulsive, emotional, and the planned, controlled. It is the search for the connection between these poles in his work, as well as within the concrete and wild-abstract images themselves, which stirs. They involve me as a viewer in a dialogue from which I cannot easily escape.
“When a painting becomes important to me, I let it sit, even if I may have just begun, because I know what it would mean to keep working on it. Actually, a picture is only finished when it is no longer in my possession—then it’s at least safe from me.”
I watch Davix while working. Again and again, the works are rearranged in the studio—some stay, others are brought out of the basement or banned temporarily. Davix works on his paintings in parallel—or, rather, he works on his ever-changing room installation. The images are in constant dialogue; they change.
It is the process that interests Davix. His paintings are painted over, layered. They live through recurring phases of destruction; monochrome canvases; transformation.Time is preserved, compressed, stored, and superimposed. Doubts are frozen in layers. With this they are overcome, making room for new ones. Time is layered—stories, history, in the making.
“Inspiration, hard work, and the right relationships are one thing. A clear strategy, whether you want to paint stripes all your life, or perhaps you prefer circles, would drive one’s career much further.”
Davix’s diversity cannot be tamed or limited. He didn’t choose a constrained strategy of “stripes” or “circles.” Deeply driven to merge his art with daily life is, of course, his calling. At first his current portraits seem to be a change in direction, yet they remain merged with the abstract works as part of the whole—the building blocks of his room installations. They enter into a dialogue with the abstract works, which could in turn be overpainted, becoming underlayers. His work gets another face—his art becomes more personal. The portraits look at me—the image looks back.
Bea Stierli, October 2012
Translation: Charlotte Eckler, Rob Nienburg, Steven Tod
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Aus/From:
Davix
Abstracts and portraits
edition fink, Zürich 2012
Verlag für zeitgenössische Kunst
www.editionfink.ch
1545 – quinze quarante-cinq, 2006, 24 min.
Ce plan-séquence de l’artiste a été tourné dans l’atelier qu’il occupait à la Cité des Arts internationale de Paris, l’atelier numéro 1545. Dans une chorégraphie saccadée, on assiste à la gestation et la naissance en accéléré de toiles abstraites aux couleurs acides. Préparatifs, mesures, repères, passage à l’acte: les peintures éclosent frénétiquement, déjà remplacées par de nouvelles oeuvres conçues en quelques dizaines de secondes.
Nous sommes en pleine démonstration d’ubiquité: Davix vidéaste fixe ce que Davix peintre libère. Ce qui est dissimulé d’ordinaire devient le centre d’attention: l’œuvre d’art ici n’est pas l’œuvre d’art elle-même, mais le processus de sa création. Ce film livre ainsi une analyse génétique de la peinture. Celle-ci sous-tend l’hypothèse que l’œuvre, dans sa perfection finale, reste l’effet de ses métamorphoses et contient la mémoire active de sa propre genèse. Mais cet autoportrait vidéo convoque également un pan légendaire de l’histoire de l’art: le peintre et son atelier; le laboratoire-refuge de la création et l’artiste, figure romantique par excellence.
Ensemble de récits mythiques et/ou de conjectures scientifiques, cherchant à expliquer l’origine et l’évolution de l’univers: c’est bien une petite cosmogonie de la peinture qu’on nous propose.
Léa Fluck, février 2008
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Begegnung mit Stefan Davix' Malerei
Die Malerei von Stefan Davix betrifft in denkbarst ursprünglicher Weise das Sehen. Jedes der Bildobjekte ist primär ein Angebot zu einem visuellen Erlebnis. Dieses mag einen Moment einnehmen oder längere Zeit, es mag einfach sein oder vielschichtig und dynamisch; es mögen zusätzlich gewisse emotionale Empfindungen entstehen, zuweilen unbenennbare, auch Spass und Ironie oder auch figürliche oder gar narrative Assoziationen. Was immer sich in einer Begegnung mit dieser Malerei ereignen kann, ist zwar unhintergehbar veranlasst von den einzelnen Bildern, moduliert durch ihre Exposition im Raum und im Licht und durch die wortlose Zwiesprache miteinander, aber – indem er in den Dialog eintritt – ebenso abhängig vom Betrachter. Vielleicht haben jene Betrachter am meisten von Davix' Malereien, die sich ihnen gegenüber ähnlich verhalten wie der Maler. Wie dieser nämlich ein Bild sucht, indem er malt, mögen wir eines finden, indem wir schauen. Die Frage, was ein Bild sei, wird seit jeher immer aufs Neue und so auch hier damit beantwortet, dass sich etwas als Bild behauptet – oder eben nicht. Sobald die erste Farbe auf die Leinwand gerät, tritt das Objekt ein in eine Dialektik zunächst mit dem Maler und, wenn er es als These gelten lässt, dann mit den Betrachtern. Der in unserem Fall rein ästhetische Streit um oder über das, was Bild sein will, kann allein mit einem Willkürakt – des Malers wie der Betrachterin – einmal angehalten und möglicherweise später wieder aufgenommen werden. Offenheit für das Unvermutete spielt dabei ebenso eine Rolle wie Aufrichtigkeit.
Genau so ereignen sich Davix' Bilder beim Malen. Der Maler nimmt frei von rationalen Gründen oder bewussten Konzepten an Malmaterial in die Hände, was ihm in seiner Welt ein-, zu- und gefällt, und begibt sich damit auf die Suche nach einem Bild. Es mag sich nach Minuten in der Malerei finden oder erst nach Jahren; es mag in einem gradlinigen Prozess entstehen oder indem ein Versuch von anderen Arbeiten unterbrochen wird, als Leinwand eines misslungenen Ansatzes weggestellt oder als Palette benutzt wird – und sich unvermutet wieder als Dialogpartner anbietet um nun doch ein Stadium hin zu einem Bild zu sein. Es ist möglich, die Schichten und Geschichten der Bilder nachzu(er)zählen; einige von ihnen tun das durch ihren Objektcharakter ganz direkt oder im Streiflicht und an ihren Rändern explizit. Begründen aber lassen sie sich nicht, vielmehr ist jedes von ihnen ein Axiom. Die scheinbar totale und riskante Willkür und bewusste Konzeptlosigkeit dieser Akte erinnert an surrealistische Methoden, allerdings befreit von jeder tiefenpsychologischen Anmutung, dafür bereichert um die ästhetische Autonomie des Sehens.
Cecilia Anderhub, April 2005
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Ausstellungstext zu "ABS* die langsamkeit der kunst"
Die Vielfalt der Medien, in denen Davix sich bewegte, ist auffällig. Musik, Malerei, Installation, Aktion, Video, Netart - und plötzlich wieder Malerei. Dabei war der Wechsel jeweils lediglich eine Verlagerung des Schwerpunktes aufgrund neuer Interessen und Möglichkeiten, während eine konstant entwickelte Reihe von mal mehr und mal weniger augenscheinlich auftretenden Motiven festzustellen ist: Ironie, Rhythmus, Ignoranz gegenüber Wertungen, Offenheit, der Hang, das Medium sich verselbständigen zu lassen und die Neigung, streunende Hunde in schöne Bestien zu verwandeln. Als Absolvent der Abteilung Freie Kunst (SfG Luzern) entstanden irritierend komische bis befremdliche Gemälde, während Davix als Schlagzeuger Steven's Nude Club den Drive gab. Die anschliessenden Videoarbeiten (Videoklasse HfG Luzern) sind getragen von emotional einnehmenden Bild-Bewegungs-Rhythmen, und sie weisen eine zunehmende Tendenz auf zum Wechselspiel von burlesker Komik und verhängnisvoller Tragik. Installationen und Aktionen wie etwa der “1000 $ MAN" setzten auch Bilder, waren gleichzeitig aber interaktive Kommunikationsevents mit der Offenheit der Improvisation. Während der Arbeit als Webdesigner über rund vier Jahre entstand, neben der skizzenbuchartigen Website “www.wurst.ch", die von Stadt und Kanton Luzern ausgezeichnete interaktive CD-Rom “nobody died 2.0". Hier tritt das doppelbödige Spiel mit den schönen Oberflächen in den Vordergrund - ornamental bearbeitete Sportfotos aus Zeitungen, Software-Oberflächen, eine flackernde Projektion, die musikalisch zusammenfinden. Mit einem zweiten Wohnsitz in Berlin verlegte sich Davix im August 1999 ganz auf die freie Kunst und ganz ins Multimedium Computer. Als eine erste grössere Arbeit entstand das Exposée zu “the wurst must go on" (Kunstkredit Basel-Stadt 2000). Mehrere inhaltlich und motivisch kontingente Interaktions-Stücke thematisieren auf lustvolle und listige Weise das Medium Internet. Das Projekt wurde vorerst auf Eis gelegt zugunsten der Teilnahme am “Projekt Zentralschweiz 1" im Kunstmuseum Luzern. Die Lounge "T2000" ist ein seltsam zauberhaftes Environment. Die Oberfläche einer auf den ersten Blick freundlich schönen Ästhetik, hervorgehend aus Abfall, verführt darin die Besucherin in eine Sphäre unauflösbarer, bodenloser Ambivalenz.
Eine heftige Begegnung mit einer Verkehrsampel im Januar 2001 führte zum Abbruch aller digitalen Arbeiten und warf Davix sozusagen auf die mediale Vergangenheit zurück. Die aktuellen Malereien setzen aber nicht jene vergangener Tage fort, sondern in der Grundhaltung vielmehr dort an, wo die computergenerierten Projekte angelangt sind. Tatsächlich erfindet sich Davix das Malen neu, indem er zugleich einfache und in ihrem Zusammenhang komplexe Bedingungen dieses Urmediums behutsam und beharrlich, aleatorisch und gezielt anreizt.
Cecilia Anderhub, September 2002
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